Einsatzfähigkeit und Einsatzwillen-zwei Seiten derselben Medaille oder: Das Sondervermögen für die Bundeswehr ist ohne die Wertschätzung der Soldaten lediglich eine Summe.

20 Jahre Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan

Nach zwanzig Jahren, in denen 150.000 Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan eingesetzt, 59 von ihnen gefallen viele verwundet und Hunderte traumatisiert waren, kehrten am 30. Juni 2021 die letzten 264 Soldatinnen und Soldaten mit einer Luftwaffenmaschine in die Heimat zurück und landeten auf dem Luftwaffenflugplatz Wunstorf. Kein Politiker war zu ihrer Begrüßung und um Dank zu sagen, gekommen. Auch der Generalinspekteur war nicht erschienen. So blieb es Aufgabe des Befehlshabers des Einsatzführungskommandos, Generalleutnant Pfeffer, den Soldaten für ihren Einsatz zu danken, indem er u.a. sagte, der Auftrag sei in herausragender Weise erfüllt worden. „Sie haben sich nicht beirren lassen von unklaren Lagen, häufigen Änderungen der Rahmenbedingungen und auftretenden Friktionen.“ Der Vorsitzende des deutschen Bundeswehrverbandes Oberstleutnant (heute Oberst) André Wüst stellte zu dem Vorgang fest: Die Politik hat bei der Begrüßung der letzten Afghanistan-Rückkehrer in der Heimat so gut wie alles falsch gemacht. Das gilt für die Umstände des ‚stillen Empfangs‘ ebenso wie für die Kommunikation danach.“

Vor dem Hintergrund dieses Ereignisses werden im Folgenden die bisherigen vier Evakuierungsoperationen der Bundeswehr dargestellt.

Die bisherigen Evakuierungsoperationen der Bundeswehr.

„Evakuierungsoperation Libelle“

„Operation Libelle“ war die erste bewaffnete Evakuierungsoperation der Bundeswehr. Am 14. März 1997 wurden aus Albaniens Hauptstadt Tirana trotz eines Feuergefechts 120 deutsche und ausländische Staatsbürger erfolgreich evakuiert. Sie wurden mit Hubschraubern nach Montenegro geflogen und vom Flughafen Podgorica mit zwei Transportflugzeugen der Luftwaffe weiter nach Deutschland. Das Bundesverteidigungsministerium verweigerte den beteiligten Soldaten anfangs, ähnlich wie später, nach der 2011 durchgeführten „Operation Pegasus“, eine Einsatz-Auszeichnung. Als Begründung wurde angeführt, die Operation sei selbstverständlicher Teil des Einsatzes der „NATO Stabilisation Force“ (SFOR) in Bosnien und Herzegowina gewesen. In der deutschen Bevölkerung wurde die Operation lediglich am Rande zur Kenntnis genommen. Das lag vielleicht auch daran, dass der militärpolitische Slogan von „der Armee im Einsatz“ 1997 noch nicht erfunden war.

Die Operation „Libelle“ wurde nachträglich mit großer Mehrheit vom Deutschen Bundestag genehmigt.

„Evakuierungsoperation Pegasus“

Zwischen dem 21. Februar und dem 05. März 2011 wurden 262 deutsche und ausländische Staatsbürger durch die Bundeswehr aus Libyen evakuiert. Wegen der sich ständig verschlechternden Lage konnten nur 103 deutsche Staatsbürger von Tripolis ausgeflogen werden, und andere konnten auch die Küste für eine Evakuierung nicht erreichen. Deshalb landeten jeweils zwei deutsche und zwei britische Transportflugzeuge auf dem libyschen Feldflugplatz „Nafuhra“ und evakuierten unter dem Schutz bewaffneter Kräfte – auf deutscher Seite mit Maschinenpistolen bewaffnete Fallschirmjäger-  132 Zivilisten, darunter Frauen und Kinder. Nach der erfolgreichen Operation warfen Abgeordnete der Oppositionsparteien im Deutschen Bundestag der Bundesregierung vor, das Parlament bei der Aktion unzulässig umgangen zu haben. Bei Gefahr im Verzug (GiV) bedürfe es nach § 5 des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland einer nachträglichen Zustimmung, diese müsse aber unverzüglich nachgeholt werden. Aus Sicht des Auswärtigen Amtes handelte es sich bei der „Operation Pegasus“ nicht um einen „bewaffneten Einsatz“, sondern um einen „gesicherten Evakuierungseinsatz mit humanitärer Zielsetzung“. Dafür sei eine nachträgliche Zustimmung nicht notwendig gewesen.

Daraufhin reichte die Grünen wegen der fehlenden Beteiligung des Bundestages beim Verfassungsgericht eine Organklage gegen die Bundesregierung ein.

Das Gericht stufte die Operation am 23. September 2015 als „Einsatz bewaffneter Streitkräfte“ ein. Somit wäre eine nachträgliche Zustimmung des Bundestages erforderlich gewesen. In Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden die Richter weiter, dass auf eine nachträgliche Zustimmung verzichtet werden kann, wenn der Auslandseinsatz der Bundeswehr wegen „Gefahr im Verzug“ von der Bundesregierung beschlossen worden war und bereits beendet ist, bevor sich der Bundestag erstmals mit dem Einsatz befassen kann. Die Regierung ist dann jedoch verpflichtet, den Bundestag anschließend „unverzüglich und qualifiziert über den abgeschlossenen Streitkräfteeinsatz zu unterrichten“.

Für die beteiligten Soldaten hatten diese Querelen zur Folge, dass ihr Einsatz formal zunächst als „Auslandsdienstreise“ definiert und abgerechnet wurde und sie keinen Auslandsverwendungszuschlag erhielten. Später wurden den Soldaten nachträglich Zulagen wegen „Dienstes zu ungünstigen Zeiten plus eine Mehrarbeitsvergütung“ und ein verringerter Satz des Auslandsverwendungszuschlages ausgezahlt. Als Resultat der unklaren Einstufung des Einsatzes wurde den deutschen Einsatzkräften lange Zeit eine besondere Auszeichnung verweigert. Die anfangs ausgestellten Urkunden für die „Im Einsatz gezeigten Leistungen“ werteten Juristen des Bundesverteidigungsministeriums als ungültig. Im Juli 2022 veröffentlichte die Website der Bundeswehr eine Bekanntmachung, die die Operationen „Libelle“ und „Pegasus“ nun als auszeichnungswürdig deklarierte. Die geschätzten 1.300 Teilnehmer beider Operationen erfüllten demnach die Voraussetzungen für eine Auszeichnung mit der im September 2021 gestifteten Einsatzmedaille „Militärische Evakuierungsoperation“ (MilEvakOp). Abweichend von anderen Einsatzmedaillen, setzt die Verleihung der MilEvakOp keine Mindesteinsatzzeit voraus. Da „begründende Unterlagen“, speziell bei aus dem Dienst ausgeschiedenen Personen, im Fall der Operationen „Libelle“ und „Pegasus“ oft nicht mehr vorlagen, wurden die Betroffenen gebeten, selbst initiativ zu werden. Dazu sollten sie ihre Antragsunterlagen für eine Einsatzmedaille per E-Mail an das jeweils zuständige „Landeskommando der Bundeswehr“ schicken.

„Evakuierungsoperation Afghanistan“

Weil sich die Sicherheitslage nach der Machtübernahme der Taliban dramatisch verschlechtert hatte, unterstützte die Bundeswehr vom 16. bis zum 26. August 2021 die Evakuierungsoperation des Auswärtigen Amtes aus Afghanistan, um deutsche Staatsbürger und Staatsbürgerinnen sowie einheimische Ortskräfte und ihre Familien und weiteren Schutzbedürftigen in Sicherheit zu bringen. Mit Transportflugzeugen vom Typ A 400M und A 310 wurden insgesamt in 36 Flügen 5.347 Personen aus mindestens 45 Nationen evakuiert und über eine durch die Luftwaffe eingerichtete „Drehscheibe“ im usbekischen Taschkent nach Deutschland ausgeflogen. Die Bundeswehr war bei dieser internationalen Mission eine Führungsnation.

Zur Absicherung und Unterstützung waren unter anderem Fallschirmjäger, Spezialkräfte, Feldjäger, Sanitäter, ein Krisenunterstützungsteam und weitere Spezialisten aus vielen Bereichen der Bundeswehr vor Ort. Am 18. August 2021 bestätigte das Kabinett die Evakuierungsmission. Der Deutsche Bundestag stimmte am 25. August 2021 dem Einsatz nachträglich zu.

Am 26. August wurde die Evakuierungsoperation, wie geplant abgeschlossen, fast zeitgleich, als am North-Gate des Flughafen Kabul, an dem kurz zuvor auch noch deutschen Soldaten kontrolliert hatten, mehrere US-Soldaten durch zwei schwere Explosionen getötet wurden.

Mit der sicheren Ankunft der Hauptkräfte des deutschen Einsatzkontingentes am 26.August 2021 auf dem Fliegerhorst der Luftwaffe in Wunstorf endete die Evakuierungsoperation der Bundeswehr. Mit an Bord waren die damalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Eva Högl, der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn und der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes Oberstleutnant André Wüstner, die tags zuvor nach Taschkent geflogen waren, um die Soldaten auf ihrem Heimflug zu begleiten.

Vor den zur Verabschiedung angetretenen Soldaten sagte der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr Generalleutnant Erich Pfeffer u.a.: „Der heutige Tag ist angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan kein Grund zum Feiern. Aber, es ist ein Tag zur Würdigung der erfolgreichen Evakuierung von mehr als 5.000 Menschen, ein Tag zur Würdigung Ihres extrem intensiven Einsatzes über nahezu zwei Wochen.“

Die Verteidigungsministerin zeigte sich sehr bewegt und sagte u.a.: Die Soldaten hätten „Unfassbares gesehen und erlebt“ sowie „Unglaubliches geleistet“ und fügte hinzu: „Sie haben das Vertrauen, das wir in Sie gesetzt haben, mehr als erfüllt. Wir stehen tief in Ihrer Schuld.“

Der Kommandeur der Evakuierungsoperation, Brigadegeneral Jens Arlt, erklärte in einem Pressestatement, der Einsatz sei „mit nichts zu vergleichen, was ich bis dato erlebt habe“, jeder sei an seine Belastungsgrenze gegangen. „Dieser Einsatz wird mich prägen, wird uns alle prägen.“ Danach umarmte die Verteidigungsministerin spontan den General, der seine Waffe noch umgehängt hatte.

Die ARD hatte life über die Heimkehr der Truppe aus Wunstorf berichtet, um die deutsche Bevölkerung an dem Ereignis zu beteiligen.

Am 22. September 2021 wurde der Einsatz im niedersächsischen Seedorf bei einem feierlichen Abschlussappell im Beisein der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damaligen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gewürdigt. Alle Soldatinnen und Soldaten des Einsatzverbandes militärische Evakuierungsoperation sowie des Krisenunterstützungsteams, die vor Ort in Kabul oder in Taschkent eingesetzt waren, wurden mit der neuen „Einsatzmedaille für Militärische Evakuierungsoperationen“ (MilEvakOp) ausgezeichnet.

Am 17. September 2021 hatte bereits Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Brigadegeneral Arlt für seinen beispielgebenden Einsatz das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen– auch stellvertretend für alle anderen an der Mission beteiligten deutschen Soldatinnen und Soldaten.

„Evakuierungsoperation Sudan“

Die Evakuierungsoperation „Sudan“ hat vom 23. – 27. April 2023 stattgefunden und wurde nachträglich einstimmig vom deutschen Bundestag genehmigt. Rund 1.000 Soldaten waren an dieser Operation beteiligt, und mindestens doppelt so viele Angehörige haben während dieses Einsatzes gebangt, ob ihre Liebsten heil und gesund wieder nach Hause kommen.

Über Vorbereitung und Durchführung der Operation ist in den Medien umfassend berichtet worden. Am 28. April 2023 kehrte das Gros der Soldaten nach Deutschland zurück und landete auf dem Lufwaffenfliegerhorst in Wunstorf. An dieser Stelle soll nur der Tagesbefehl des Bundesverteidigungsministers vom 28. April 2023, also nach Ende der erfolgreichen Operation, zitiert werden: 

Soldatinnen und Soldaten, Reservistinnen und Reservisten, 
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!

Am heutigen Tage haben wir die Hauptkräfte der militärischen Evakuierungsoperation aus dem Sudan auf dem Flughafen Wunstorf willkommen geheißen.

Bei dem gefährlichen und komplexen Einsatz haben Soldatinnen und Soldaten des Heeres und der Luftwaffe insgesamt 230 deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie über 500 Angehörige befreundeter Nationen aus dem Krisengebiet aufgenommen und ausgeflogen. Ein Einsatzgruppenversorger der Marine stand zudem bereit, weitere deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger über den Seeweg abzuholen.

Unsere Gedanken sind weiterhin bei der Bevölkerung des Sudans. Wir hoffen auf ein schnelles Ende des Konflikts.

Die Bundeswehr hat mit dieser Operation einmal mehr ihre Einsatzfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt. In enger Abstimmung der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche mit den Ressorts und unseren internationalen Partnern gelang eine schnelle und effektive Operation zur Rettung unserer Staatsbürgerinnen und Staatsbürger. All dies erforderte eine kontinuierlich hohe Einsatzbereitschaft, den unbedingten Willen zum Erfolg und nicht zuletzt den Mut und die Entschlossenheit jeder einzelnen Soldatin und jedes einzelnen Soldaten. Unser Dank gilt allen an dieser Operation Beteiligten. Wir sind stolz auf Ihre Leistung!

Die Operation im Sudan hat gezeigt: Die Bundeswehr ist da, wenn sie gebraucht wird. 

Die in dieser gefährlichen Lage bewiesene Kaltstartfähigkeit wollen wir flächendeckend in der gesamten Bundeswehr erreichen. Gehen wir mit frischem Mut weiter voran. Wir können das.

von Boris Pistorius und Carsten Breuer 

Zur Begrüßung der heimkehrenden Soldaten, der Angehörigen der Bundespolizei und der Angehörigen des Krisenunterstützungsteams (KUT) des Auswärtigen Amtes hatten sich außer dem Generalinspekteur auch viele Politiker auf dem Luftwaffenflugplatz Wunstorf eingefunden, darunter die Bundesminister Pistorius und Baerbock, die Wehrbeauftragte Eva Högl und die Vorsitzende des Verteidigungsausschuss Frau Strack-Zimmermann. Die heimkehrenden Soldaten wurden von den beiden Ministern begrüßt, die sich bei allen Beteiligten für die erfolgreiche Operation bedankten. Zudem wurde vom Bundesverteidigungsminister angekündigt, dass alle Soldaten mit der Einsatzmedaille ausgezeichnet werden.

Zusammenfassende Bewertung

Die angemessenen finanziellen Aufwendungen für die Bundeswehr und die erforderliche materielle Ausstattung und Bewaffnung der Streitkräfte sind wesentliche Voraussetzungen für deren Einsatzbereitschaft, aber ohne den Einsatzwillen und die Fähigkeiten der Soldatinnen und Soldaten kann eine überzeugende Verteidigungsfähigkeit nicht erreicht werden.  Der Beruf des Soldaten hat eine stark ausgeprägte emotionale Komponente, und deswegen hat die Wertschätzung der Truppe durch die politische Führung und in der Bevölkerung eine ganze besondere Bedeutung. Vordergründige und aus parteipolitischem Kalkül geführte Parlamentsdebatten, kleinkariertes Auslegen von Vorschriften und mangelndes Einfühlungsvermögen in das Denken und Fühlen der Truppe beeinträchtigen die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr mindestens genauso wie eine schlechte materielle Ausstattung der Streitkräfte. Besonders die demonstrative Abwesenheit von Politikern bei der Rückkehr von Soldaten aus Einsätzen, die mit konkreter Lebensgefahr der Soldaten verbunden waren- wie zum Beispiel am Ende der Afghanistan Mission- fügen der Moral der Truppe nachhaltigen Schaden zu.

Dagegen war – wie nach der „Evakuierungsoperation Afghanistan“ – die erneute Anwesenheit vieler Politiker bei der Heimkehr unserer Soldaten aus dem Sudan ein beeindruckender Beweis dafür, dass diese Auswirkungen mittlerweile erkannt wurden. Das wurde mit Sicherheit nicht nur von den beteiligten Männern und Frauen zur Kenntnis genommen, sondern in der gesamten Truppe.

Leider wurde dieses politische Umdenken durch die Berichterstattung in der ARD und im ZDF über die „Evakuierungsoperation Sudan“ – im Gegensatz zur „Evakuierungsoperation Afghanistan“-  der Bevölkerung nicht mehr angemessen vermittelt. Im NDR gab es zwar eine ca. 1 ½ stündige Life-Schalte, aber in der 20.00 Uhr Tagesschau der ARD vom 28.April 2023 wurde erst nach etwa 8 Minuten für die Dauer von 20 Sekunden über den Appell für die heimkehrenden Soldaten berichtet. In den Tagesthemen der ARD dauerte der Bericht am selben Tage immerhin eine ganze Minute. Der erste Beitrag der Sendung befasste sich allerdings mit der Einführung des 49 € Ticket, und dauerte einschließlich des ergänzenden Kommentars insgesamt 12 Minuten.

„49 € Ticket gegen die Rettung von über 700 Menschen unter Einsatz des eigenen Lebens“- alles eine Frage der redaktionellen Schwerpunktsetzung. Im ZDF sah es leider nicht anders aus. In der „Heute-Sendung“ vom 28.04.23 um 19:00 Uhr wurde die Rückkehr der Soldatinnen und Soldaten nach 10 Minuten innerhalb von 20 Sekunden abgehandelt; im „Heute-Journal“ desselben Tages nach 15 Minuten im Nachrichtenüberblick für 20 Sekunden. Im „Heute-Journal Update“ um 00:10 Uhr gab es einen längeren Bericht über die Evakuierungsoperation und die Rückkehr der Truppe. Anschließend wurde der Leiter der „Evakuierungsoperation Sudan“, Generalmajor Dirk Faust, telefonisch interviewt. Wer diese ausführlichere Berichterstattung mitten in der Nacht überhaupt gesehen hat, sei dahingestellt.

Die Begründung für die Schwerpunkte in der Berichterstattung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ist immer dieselbe: Man richtet sich nach dem Interesse der Fernsehzuschauer/innen und hat damit vermutlich sogar recht, denn, wie hat einmal jemand gesagt?  Das Verhältnis der Bevölkerung zur Bundeswehr sei von einem „wohlwollenden Desinteresse“ geprägt.

Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang allerdings stellt ist, ob die Fernsehanstalten damit ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht werden.

Am 03. März 2023 hat der Bundeskanzler in seiner Regierungserklärung von einer Zeitenwende gesprochen und auf dieser Basis auch ein Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von zusätzlichen 100 Milliarden Euro angekündigt.Dieses Sondervermögen für die Bundeswehr ist ohne die Wertschätzung der Soldaten lediglich eine Summe. Wie bereits angesprochen, beruht die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr und damit auch die Sicherheit unseres Landes auf zwei Säulen. Zum einen sind es die materielle Ausstattung und die sachgerechte Organisation der Streitkräfte und zum anderen die Ausbildung, der Einsatzwillen und der Mut der Soldatinnen und Soldaten. Einsatzwille basiert auf Motivation und Überzeugung, und dafür spielt die Wertschätzung der Truppe durch die Politiker und in der Bevölkerung eine ganz entscheidende Rolle. Um diese Wertschätzung zu erreichen, müssen sich natürlich zunächst die Streitkräfte selbst um eine überzeugende Außendarstellung kümmern, aber diese muss ergänzt werden durch eine in Umfang und Inhalt angemessene und objektive Berichterstattung, vor allem in den großen Tageszeitungen und den öffentlich-rechtlichen Medien.

Die Umarmung von Brigadegeneral Jens Arlt durch die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer war keine Show, sondern ein spontaner Beweis dafür, dass sie verstanden hat: Der Soldat muss im Einsatz natürlich seinen Kopf benutzen, aber kämpfen und sein Leben einsetzen tut er mit dem Herzen.  

Jürgen Hübschen

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Über Jürgen Hübschen

Jahrgang 1945, Oberst a.D. der Luftwaffe
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