Die endgültige Rückkehr unserer Soldaten und die Ausreise afghanischer Ortskräfte nach Deutschland

Der deutsche Afghanistan Einsatz ist mit einem politischen Signal zu Ende gegangen. Beim Eintreffen der letzten Soldaten in Wunstorf wurden diese lediglich vom Befehlshaber des Einsatzführungskommandos, GenLt Pfeffer empfangen. Der Generalinspekteur hatte wohl ebenso wichtigere Termine, wie die Verteidigungsministerin, die ausgerechnet an diesem Tag ihren Amtskollegen in den USA treffen musste. Die Bundeskanzlerin fehlte, und auch von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages war niemand anwesend, als die letzten Angehörigen der Parlamentsarmee in Wunstorf landeten. Die Ministerin erklärt die für viele Bürgerinnen und Bürger befremdliche Szene mit dem Wunsch der Soldaten, die eine „stille Ankunft“ hätten haben wollen. Für wäre ist das Gegenteil einer „stillen Ankunft“ nicht automatisch ein politischer „Tam-Tam mit einem Riesen-Auftrieb“ gewesen, sondern es hätte ja auch genügt, einfach da zu sein und dadurch ein Zeichen der Verbundenheit zu setzen, ohne große Reden zu halten. Das hätte die Zusammenführung der Soldaten mit ihren Familien nicht verzögert!!

 Für mich hatte man für die Ankunft der Soldaten- wie übrigens auch für die vor ein paar Wochen aus Afghanistan zurückkehrenden Polizisten- kein Konzept, so wie es für die gesamte Afghanistan-Operation keine überzeugende politische Strategie gegeben hat. Das ist für mich der Hauptgrund, warum dieser Einsatz, trotz des Engagements und der Opfer unserer Soldaten, ihren Gefallenen, Verwundeten und Traumatisierten, gescheitert ist.

Und so, wie es für den Einsatz unserer Männer und Frauen keine Strategie gegeben hat, so fehlt diese auch für die afghanischen Ortskräfte.

Es ist in 20 Jahren nicht gelungen, für diese – in der Regel- Männer ein Konzept zu entwickeln, das dem berechtigten Wunsch nach Sicherheit entsprochen hätte. Der erste Fehler ist gemacht worden, als man diese Männer am Ende mit fast 1.000 € pro Monat bezahlt hat. Das ist für afghanische Verhältnisse eine unvorstellbare Summe und führt nicht nur zu Neid und Missgunst, sondern motiviert auch die Taliban, „diese Verräter“ zu bestrafen. Statt einer den örtlichen Gegebenheiten  angemessenen Bezahlung  hätte man den Ortskräften den Anreiz bieten müssen,nach einer entsprechend langen Zeit im Einsatz für die Bundeswehr – diese Dauer hätte man grundsätzlich definieren müssen- eine Ausreisezusage zu machen und zwar nicht nur für den Betreffenden, sondern auch für seine Familie. Da man in Afghanistan unter „Familie“ etwas anderes versteht als in Deutschland, hätte man die Angehörigen nicht definieren müssen, sondern einfach grundsätzlich eine zahlenmäßige Obergrenze festlegen sollen. Für diesen Personenkreis hätte man neben der Ausreise-Garantie natürlich auch die Flugkosten übernehmen müssen. Auch bei der Eingliederung dieser Menschen in Deutschland hätte man sich natürlich bei der Wohnungssuche, mit  Deutsch-Kursen – viele Dolmetscher haben ja nicht Deutsch-Afghanisch, sondern Englisch-Afghanisch übersetzt – engagieren müssen.

Die Entscheidung, wer von den Ortskräften eine Ausreisezusage bekommen sollte, hätte auf  der Basis konkreter Vorschläge aus  der Truppe erfolgen müssen, in der die Ortskräfte tätig waren. Eine Antragstellung durch die Ortskräfte selbst war/ist der völlig falsche Weg.

Und ein letzter Gedanke: Warum ist es eigentlich in 20 Jahren nicht gelungen, deutschen Soldaten die afghanische Sprache beizubringen, damit diese dann als Dolmetscher hätten fungieren können? Sprachkurse in Vollzeit dauern in der Regel nur wenige Wochen.

Über Jürgen Hübschen

Jahrgang 1945, Oberst a.D. der Luftwaffe
Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Hinterlasse einen Kommentar